Hoteldirektor Ralf Kleinheinrich erklärt, warum die Einführung des berufsbegleitenden Studienmodells der ADG Business School im Hotel Schloss Montabaur eine sehr gute Entscheidung war
Montabaur, 25. November 2016
Nachwuchsmangel im Hotelgewerbe? Dieses Problem kannte auch Ralf Kleinheinrich, Hoteldirektor von Hotel Schloss Montabaur, nur zu gut. Noch vor wenigen Jahren stand er wie viele seiner Kollegen in der Hotellerie vor der Herausforderung, talentierte und qualifizierte Nachwuchskräfte für die Ausbildung zur/m Hotelfachfrau/-mann zu finden. Meist mit nur mäßigem Erfolg. Bis er 2012 eine Kooperation mit der ADG Business School an der Steinbeis-Hochschule Berlin einging und sie gemeinsam ein berufsbegleitendes Studienmodell im Hotel integrierten – das ausbildungsähnliche Beschäftigungsverhältnis mit berufsbegleitendem Studium. Was auf den ersten Blick ein wenig komplex klingt, brachte ihm in kürzester Zeit den gewünschten Effekt: Zahlreiche Bewerbungen junger, qualifizierter und motivierter Nachwuchstalente. Was dieses Modell so besonders macht und wieso es eine Win-win-Situation für alle Beteiligten darstellt, verrät Ralf Kleinheinrich im Interview.
Wie kann man sich das ausbildungsähnliche Beschäftigungsverhältnis mit berufsbegleitendem Studium vorstellen, das Sie im Hotel Schloss Montabaur anbieten?
Ralf Kleinheinrich: Das ist eigentlich ganz einfach. Die jungen Leute werden bei uns angestellt und arbeiten 39 Stunden in der Woche im Hotelbetrieb mit – ebenso, wie alle anderen VollzeitMitarbeiter. Der einzige Unterschied: In ihrer Freizeit absolvieren sie ein Hotelmanagement-Studium an der ADG Business School.
Und das funktioniert? Vollzeit arbeiten gehen und nebenbei studieren?
Kleinheinrich: Das funktioniert sogar sehr gut. Die jungen Leute, die sich für dieses Modell bewerben, sind sehr gut qualifiziert, motiviert und leistungsorientiert. Sie sind in kürzester Zeit eingearbeitet und wollen von Beginn an Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig sind sie diszipliniert und selbstständig, was für das berufsbegleitende Studium enorm wichtig ist. Bislang bekommen das alle gut organisiert. Auch wenn das natürlich nicht immer leicht ist. Gerade die unregelmäßigen Dienste in der Hotellerie erfordern ein hohes Maß an Disziplin.
Inwiefern konnten Sie durch die Einführung dieses Modells dem Nachwuchskräftemangel im Hotel Schloss Montabaur entgegenwirken?
Kleinheinrich: Eine Zeitlang hatten wir große Schwierigkeiten, Nachwuchs für unsere Ausbildung zur/zum Hotelfachfrau/-mann zu finden. Kaum einer bewarb sich darauf. Seit wir das ausbildungsähnliche Beschäftigungsverhältnis mit berufsbegleitendem Studium anbieten, haben wir wieder eine große Nachfrage von jungen Leuten, die sich für die Arbeit im Hotel interessieren. Obwohl wir jährlich fünf neue Kandidaten einstellen, müssen wir rund 15 bis 20 Bewerbern eine Absage erteilen. Dabei wären diese durchaus qualifiziert. Für eine klassische Ausbildung bewirbt sich dagegen niemand mehr – obwohl wir diese weiterhin ausschreiben und bewerben.
Wie erklären Sie sich das?
Kleinheinrich: Ich glaube, dieses neue Studienmodell löst das klassische Ausbildungsmodell mehr und mehr ab. Gibt es zukünftig überhaupt noch Kandidaten, die sich für eine klassische Ausbildung zur/m Hotelkauffrau/-mann bewerben? Und wenn ja, mit welcher Qualifikation? Für Kandidaten mit einer geringeren Qualifikation wird das Modell sicherlich auch weiter Bestand haben. Wer dagegen in einem größeren Betrieb arbeiten und vielleicht ins Management einsteigen möchte, der wird an einem Studium nicht vorbeikommen.
Welchen Mehrwert haben die Studierenden im Gegensatz zur klassischen IHK-Ausbildung?
Kleinheinrich: Die jungen Nachwuchskräfte profitieren hier ja doppelt: Sie studieren und sammeln gleichzeitig Berufserfahrung, sodass sie anschließend im Betrieb voll einsteigen können. Darüber hinaus verdienen sie bereits während des Studiums ihr eigenes Geld, was ein gewisses Maß an Selbständigkeit und Unabhängigkeit ermöglicht. Zudem fallen keine Studiengebühren an, da diese von uns als Arbeitgeber übernommen werden. Und nicht zu vergessen: Der Besuch der Berufsschule entfällt. Dadurch wird die Ausbildung zu einem Win-Win-Modell.
Fallen für Sie als Arbeitgeber im Vergleich zum klassischen Ausbildungsmodell nicht wesentlich höhere Kosten an?
Kleinheinrich: Nein, keineswegs. Zwar zahlen wir den Studierenden eine kleine Entlohnung, die sich am Ausbildungsentgeld orientiert, und übernehmen die Studiengebühren von ca. 500 € im Monat, aber das Konzept rechnet sich. Anders als beim klassischen Modell ersetzt jeder Studierende einen Mitarbeiter, da er von Beginn an voll im Betrieb eingesetzt wird. Dadurch müssen wir beispielsweise keinerlei Ausfallzeiten durch den Besuch der Berufsschule einkalkulieren und diese Zeiten weder personaltechnisch auffangen noch in der Kostenaufstellung berücksichtigen. Als Betrieb stellt man sich mit dem Studienmodell keinesfalls schlechter.
Wie wirkt sich in diesem Zusammenhang das Mindestlohngesetz in Bezug auf die Entlohnung der Studierenden aus?
Kleinheinrich: Praxisorientierte Studiengänge, bei denen wie bei unserem Modell praktische Tätigkeiten regelmäßig innerhalb des Studiengangs verpflichtend sind, sind vom Mindestlohngesetz ausgenommen. Als Arbeitgeber kann man die Entlohnung somit individuell festlegen.
Im Rahmen des Studiums müssen die Studierenden auch ein unternehmensrelevantes Projekt bearbeiten. Inwieweit können Sie dies für Ihr Hotel nutzen?
Kleinheinrich: Grundsätzlich legen wir alle Themen – auch für die Studienarbeit und Bachelor-Thesis – gemeinsam fest. So bearbeiten die Studierenden Themen, die wir unmittelbar für unser Hotel nutzen können. Sie erstellen wissenschaftlich belegte Handlungsempfehlungen, die einen wirklichen Mehrwert bieten. Und sei es, um im Vorfeld getroffene Entscheidung noch einmal zu überprüfen. Diese Arbeiten der Studierenden sind qualitativ sehr gut und haben dementsprechend natürlich einen höheren Nutzen, als beispielsweise ein kurzer Aufsatz.
Kennen Sie andere Hotels, die bereits ähnlich positive Erfahrungen mit diesem Studienmodell gemacht haben wie Sie?
Kleinheinrich: Ja, es gibt deutschlandweit einige Hotels, die dieses Modell mittlerweile für sich entdeckt haben. Durch die acht bundesweiten Standorte der ADG Business School ist die Durchführbarkeit leicht von überall möglich. Darüber hinaus stehe ich mit vielen Kollegen und Kolleginnen in Kontakt, denen ich von meinen Erfahrungen berichte oder Tipps gebe. Hier stehe ich immer gerne zur Verfügung, weil ich das Modell absolut unterstütze und mich freue, wenn auch andere Hotels davon profitieren können.
Haben Sie im Hotel Schloss Montabaur bestimmte Bedingungen, an die der Studienvertrag bzw. die finanzielle Unterstützung für die Studierenden geknüpft ist?
Kleinheinrich: Generell gibt es keine Festlegungen hinsichtlich des Erreichens einer bestimmten Abschlussnote oder ähnlichem. Allerdings haben wir eine Rückzahlungsvereinbarung, falls die
Studierenden vorzeitig abbrechen, ein Stellenangebot im Anschluss an das Studium ablehnen oder innerhalb von zwei Jahren kündigen. Dann müssen sie 80 % der Studiengebühren zurückzahlen.
Sie bieten das ausbildungsähnliche Beschäftigungsverhältnis mit berufsbegleitendem Studium bereits seit vier Jahren in Ihrem Hotel an. Wie lautet Ihr Fazit?
Kleinheinrich: Dieses Modell gemeinsam mit der ADG Business School einzuführen, war eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Nachwuchsmangel ist bei uns eindeutig kein Thema mehr. Stattdessen gewinnen wir genau die jungen Leute für unser Hotel, die sich jeder Arbeitgeber wünscht: motiviert, leistungsorientiert, selbständig und diszipliniert.