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Der erste Rückblick auf 2018: Was wir in der Hotellerie im neuen Jahr so nicht erleben woll(t)en

Ein ungehöriger Zwischenruf von Carsten Hennig –
2018 wurde das Jahr der disruptiven Innovationen: Alles, was sich an erprobten und alteingeführten Geschäftsprozessen umstoßen ließ, wurde selbst von unwilligen Endvierzigern (und noch langsameren Vordenkern ;-)) gnadenlos und ohne doppeltes Netz neu ausprobiert. Mit Folgen… Was wir im neuen  Jahr so nicht erleben woll(t)en:

Good Morning Hoteliers #GMH (158): Neuester Clou für's alles bestimmende Webbusiness - Hören Sie hier meine neueste Kolumne bei #HOTELIERTV & RADIO: https://soundcloud.com/hoteliertv/good-morning-hoteliers-158-neuester-clou-furs-alles-bestimmende-webbusiness

Zeitarbeitskräfte der OTA
Ein marktführendes Buchungsportal aus den Niederlanden kam als erstes darauf: Wenn schon immer mehr Hoteliers selbst den Betrieb der eigenen Webpage (zur Alibi-Direktbuchung) dem OTA überlassen, warum nicht auch vor Ort eingreifen? Angesichts immer größerer Recruiting-Probleme – neue FOler einzustellen dauert nun schon drei bis sechs Monate! – nutzen immer mehr Hotels die Rezeptions-Zeitarbeitskräfte des neuen Programms “B Suite Onsite” und zahlen nur nach tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden; notabene: Gästedaten und -bindung werden pauschal an den Zeitarbeitsdienstleister abgetreten, was etliche Hoteliers als notwendiges Übel hinnehmen. 

Aus Day-Use wurde beliebtes Time-Use Booking
Eine stark wachsende Low-Budget-Hotelkette hatte diese “zündende” Idee: Die erstarkende Nachfrage nach Day-Use führte zur Time-Use Booking von Schlafzeiten, die stundenweise – je nach Schlafdauer – abgerechnet wurden. Anfangs konnten Matratzenstunden in Mehrbettzimmern per App gebucht werden; was nur Einzelpersonen zugebilligt, aber immer wieder missbraucht wurde. Rasch wechselte man zum viel erfolgreicheren Schwarmprinzip: Gäste mieteten matratzenweise Schlafstunden/-Nächte/-Tage und vermieteten diese stundenweise an gestresste Late-Check-in-Gäste (wer z.B. mit den völlig überlasteten Low-Cost-Carriern oder der Billigbahn reiste) und eher partyorientierte Geringschlafkonsumenten weiter. Die Hotelkette mit dem griffigen Kurznamen könnte ihrerseits mit Extragebühren für Bettwäschewechsel oder M&M-Betthupferl oder 20 Minuten heiße Dusche + extraheißem Vollbohnen-Kaffee ihren Ertrag signifikant steigern. 

Homeoffice fürs Housekeeping
Aus einer Schnapsidee wurde eine von den Gewerkschaft zäh verteidigte Errungenschaft: Ein namhaftes Hotel in in einer norddeutschen Großstadt führte Homeoffice-Zeiten für Housekeeping-Mitarbeiter ein. Was eher als PR-Gag fürs viel geschmähte Employer Branding gedacht war und in Sachen Effizienzsteigerung und Mitarbeiterzufriedenheit – hauptsächlich Fernsteuerung der Saugroboter und Fernwartung der Bügelmaschine – nur wenige Prozentpunkte erbrachte, wurde wieder Erwarten vom Tarifpartner verbissen verteidigt, als man dieses Pilotprojekt wieder beenden wollte. Erste Landesverbände des Hoteliersverbandes haben diese Arbeitsreform bereits in ihre Tarifverhandlungen aufgenommen. Das Haus, in dem alles seinen unheilvollen Anfang nahm, möchte heute nicht mehr öffentlich mit dieser völlig übers Ziel hinausgeschossenen “Errungenschaft” in Verbindung gebracht werden. 

Teilzeit im Service und neue Rabatte für erziehende Gäste
Im Fokus der branchenweiten Bemühungen, Quereinsteiger einzustellen, stehen Mütter. Ein neues Arbeitsmodell eines seit jeher erfindungsreichen Hoteliers machte Schule: Mütter verrichteten ihren Dienst im Service – max. 3,5 Stunden am Tag A-La-Carte-Service im Restaurant; Restzeit Selbstbedienung vom von Roboterarmen nachbestückten Büffet bzw. Vending-Automaten – und konnten währenddessen ihre Kinder im Hotel-eigenen Kindergarten – oftmals als Kibbuz-Konzept mehrerer Hotels gemeinschaftlich betrieben – versorgt wissen. Als Aufsichtspersonen und Hilfserzieher wurden Gäste gewonnen, die mit ein, zwei Stunden “Kinderarbeit” satte Rabatte für Cost & Logis erzielten. 

Job Rotation für Hotelmanager – oh je!
In der Theorie klang das alles so schön: Um Mitarbeiter besser ans Hotel zu binden und Führungskräfte mit den Herausforderungen (und Niederungen) des Arbeitsalltags in Küche & Keller vertraut zu machen, wurde Job Rotating zum neuesten Schrei in der Arbeitswelt. Interessanterweise konnten etliche auf den Chefsessel eingewechselte Kofferträger ihre neue Herausforderung erstaunlich gut meistern. Jedoch ließ die Arbeitsqualität der Direktoren auf den Posten z.B. Als Hilfskoch oder im Etagenservice stellenweise stark zu wünschen übrig; über 80 Prozent fielen nach ein, zwei Stunden Arbeit mit Rückenproblemen und Arbeitsunfällen aus. Einhelliges Fazit war mehr Wertschätzung für die schwer arbeitenden Niedriglöhner im Hotel – immerhin. 

Facebook automatisiert Arbeitszeitdokumentation
Schon Anfang des Jahres wurde deutlich, dass sich die permanente Überwachung und Zwangskommunikation von Facebook nicht mehr verhindern ließe. Selbst beim Servicegang wurden Hotelmitarbeiter beim Betreten der Küchen und beim Servieren am Tisch jeweils zum Bewertungen aufgefordert. Daraus wurde auf Vorschlag eines Hotelvisionärs eine viel gerühmte Zusatzfunktion: Jeder Arbeitsprozess wurde von der App auf dem Smartphone des Mitarbeiters automatisch aufgezeichnet und ließ sich am Monatsende per Click exportieren. Ungenauigkeiten wie Toilettengänge oder Wartezeiten am Pass wurden von einer schnell dazulernenden KI herausgerechnet. Im Großen und Ganzen klappt das ganz gut: Allerdings klagen einige Mitarbeiter über Hörschäden, weil ihre App bei permanenter Übertretung der Arbeitszeiten einen unstoppbaren, lauten Alarmton von sich gab. 

To be continued…

Über den Autor: Carsten Hennig, Jahrgang 1970, erlaubt sich mit seinen “Unerhörter Zwischenrufen” satirisch-mahnende Hintergrundbetrachtungen, den stets ein wahrer Kern zugrunde liegt; fragt sich nur: welcher? Als bissig-konstruktiver Mitdenker und zu seinem finanziellen Nachteil korruptionsfreier Berichterstatter reagiert er auf wie-auch-immer-geartete Einlassungen seiner bislang gottlob steigenden Leserzahl zartbesaitet. E-Mails verbittet er sich (sind ohnehin out) und steht nur ernsthaften Schmähungen per Messenger – auf allen gängigen Kanälen – zur Verfügung. 

Weitere „ungehörige Zwischenrufe“ lesen Sie hier:

Ist das wirklich ernst gemeint? Auch Hotelgäste sollten Erlaubnis für Sex einholen – Formulare in Vorbereitung – Der kluge Hotelier baut vor
https://www.hospitality.pro/2017/deutsch/ist-das-wirklich-ernst-gemeint-auch-hotelgaste-sollten-erlaubnis-fur-sex-einholen-formulare-vorbereitung-der-kluge-hotelier-baut-vor/

Chatbots – Die (un)heimliche nächste Macht will unsere Kommunikation übernehmen
http://www.hottelling.net/chatbots-die-unheimliche-naechste-macht-will-unsere-kommunikation-uebernehmen/

Die größte Hotelkette der Welt wird von Airbnb geschluckt… Ein visionäre Fortschreibung der Hotelgeschichte: Basierend auf wahren Fakten
http://www.hottelling.net/die-groesste-hotelkette-der-welt-wird-von-airbnb-geschluckt/

Wie geht es weiter in der Digitalisierung? Ist die Hotellerie auf die nächsten umwälzenden Veränderungen genügend vorbereitet?
http://www.hottelling.net/wie-geht-es-weiter-in-der-digitalisierung-ist-die-hotellerie-auf-die-naechsten-umwaelzenden-veraenderungen-genuegend-vorbereitet/

Sind Billigflüge und Low Budget Hotelzimmer bald kostenlos?
http://www.hottelling.net/sind-billigfluege-und-low-budget-hotelzimmer-bald-kostenlos/

ITB wird papierlos – Digitalisierung soll mehr Umweltschutz bringen
http://www.hottelling.net/itb-wird-papierlos-digitalisierung-soll-mehr-umweltschutz-bringen/

Berlin verbietet neue Hotels – Hauptstadt kehrt vom Tourismus ab
http://www.hottelling.net/berlin-verbietet-neue-hotels-hauptstadt-kehrt-vom-tourismus-ab/

Offline ist die neue Armut – Warum Hotels trotzdem bei den entscheidenden Schritten der Digitalisierung mithalten müssen
http://www.hottelling.net/offline-ist-die-neue-armut-warum-hotels-trotzdem-bei-den-entscheidenden-schritten-der-digitalisierung-mithalten-muessen/

Neue Hotels von Prizeotel und 25 Hours – A&O verkauft – Was kommt als nächstes?
http://www.hottelling.net/neue-hotels-von-prizeotel-und-25-hours-ao-verkauft-was-kommt-als-naechstes/

Hotels unter Wasser – Zwischenruf: Warum stellen sich Dauerduschen nicht selbst ab?
http://www.hottelling.net/hotels-unter-wasser-zwischenruf-warum-stellen-sich-dauerduschen-nicht-selbst-ab/