Idstein, 06. November 2017 –
Konfliktkosten – ein Begriff, der sich aus gleich zwei unerfreulichen Wörtern zusammensetzt. Vielleicht wird er deshalb eher gemieden. Sicher ist, dass deutsche Unternehmen die intensive Beschäftigung mit dem Thema scheuen. Wer gibt schon gerne zu, dass es Konflikte gibt? Und wer braucht eigentlich noch eine weitere Kostenart? Indes wären Transparenz und die richtige Einordnung ratsam, möglicherweise sogar gewinnmaximierend. An der Hochschule Fresenius beschäftigten sich gleich zwei Antrittsvorlesungen im Fachbereich Wirtschaft & Medien mit der Problematik und entsprechenden Lösungsansätzen.
“Konflikte können je nach Anzahl der Beteiligten und Unternehmensgröße leicht Kosten von deutlich mehr als 10.000 Euro verursachen”, sagt Prof. Dr. Karsten Munscheck, der jetzt ebenso wie Prof. Dr. Ingo Aberle vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst zum Professor berufen wurde. “Sind in einem Großkonzern mehrere Abteilungen über einen längeren Zeitraum verwickelt, können diese auch auf einen zweistelligen Millionenbetrag anwachsen. Und das, ohne dass das den Parteien bewusst ist.” Kaum ein Betrieb misst nämlich Konfliktkosten als eigene Kostenart. Stattdessen zeigen sich Konfliktkosten in Form von Umsatzrückgängen, Krankheitskosten oder als Aufwand in der Personalabteilung, wenn neue Mitarbeiter oder Zeitarbeitskräfte gesucht werden müssen. “Zur Messbarkeit der Konfliktkosten ist die Einführung einer Schattenrechnung erforderlich, aus der hervorgeht, welche Kosten auf Konflikte zurückzuführen sind. Klingt kompliziert, ist aber in Anbetracht der Höhe der Konfliktkosten eine lohnende Investition.”
Das setzt voraus, dass Vorstände, Geschäftsführer und Abteilungsleiter akzeptieren, dass es Konflikte in ihrem Bereich gibt und offen damit umgehen. Daran hapert es: “Konflikte werden häufig geleugnet. Hierzu trägt sicher bei, dass sich die wenigsten über das Ausmaß der negativen Auswirkungen bewusst sind. Viele wissen auch nicht, wie sie Konflikte lösen sollen.” Wie entstehen nun Konflikte am Arbeitsplatz? Am häufigsten sind nach Ansicht von Prof. Munscheck Konflikte über Zuständigkeiten, die Arbeitsverteilung oder die Arbeitsweise in einem bestimmten Bereich.
Ursächlich kann auch die Zusammensetzung des Teams sein, wenn nämlich ältere und jüngere Kollegen zusammenwirken sollen – und der Jüngste in der Mannschaft auch noch der Chef ist. “Konflikte können entstehen, wenn die Gruppenmitglieder generell keine gute Meinung zu altersgemischten Teams haben”, berichtet Prof. Dr. Ingo Aberle. Zweite Möglichkeit: Der Konflikt betrifft Ansichten darüber, wie man an die Teamaufgabe herangeht. Die Konsequenz für den Arbeitgeber sind stets Leistungseinbußen des Teams. “Das Problem ist tatsächlich der Konflikt und nicht etwa das Alter: Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass entgegen einer weit verbreiteten Meinung die Arbeitsleistungen im Kompetenzbereich mit den Lebensjahren nicht abnehmen”, so Prof. Aberle.
Einig sind sich die Professoren, dass in den meisten Betrieben ein Wandel in der Unternehmenskultur stattfinden muss – ausgehend von der Unternehmensleitung. “Ein erster Schritt ist die Aufklärung darüber, dass es Konflikte gibt und daraus Kosten entstehen können”, so Prof. Munscheck. Dann sei es wichtig, Kosten konkret den Konflikten zuzuordnen und diese zu messen. “Wir raten außerdem dazu, ein Konfliktmanagementsystem mit klaren Zuständigkeiten zu etablieren.” Für die Lösung des Konfliktes zwischen Jung und Alt empfiehlt Prof. Aberle ein Vorgehen auf verschiedenen Ebenen: Unternehmen sollten etwa die Wertschätzung von unterschiedlichen Altersgruppen durch eine passende Unternehmenskultur sicherstellen. Führungskräfte sollten eine flexible Aufgabenverteilung ermöglichen und gemeinsam mit den Mitarbeitern ein realistisches Bild des Alterns entwickeln. “Dann kann dem Konfliktpotential des demografischen Wandels aktiv begegnet werden.”