Hamburg, 06. November 2017 –
Die Debatte über sexuelle Belästigung kam auch in Deutschland in Gang: 87 Prozent aller Deutschen finden es wichtig, dass über dieses Thema jetzt verstärkt gesprochen wird (nicht wichtig: 12%), und 59 Prozent meinen, dass sexuelle Belästigungen von Frauen in Deutschland (sehr) weit verbreitet sind (nicht so weit verbreitet: 33%). Die Forderung, dass wir in diesem Bereich schärfere Gesetze brauchen, unterstützen 67 Prozent, 28 Prozent halten die bestehenden Regelungen für ausreichend. Dies ist Ergebnis des aktuellen ZDF-Politbarometers, für den Ende Oktober 1.325 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte befragt wurden.
https://soundcloud.com/hoteliertv/good-morning-hoteliers-151-wer-traut-sich-was-gegen-sexuelle-belastigung-zu-unternehmen
Eine aktuelle Adhoc-Umfrage (106 Befragte via Appinio) ergab ein deutliches Bild: Bis zu jede Vierte war bereits sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ausgesetzt. Gerade bei jungen Schutzbefohlenen wie Aushilfen und Auszubildenden muss man wachsam bleiben, wann Übergriffe über verbale Belästigung hinausgehe und regelrecht sexueller Missbrauch längst verbreiteter sei als sich viele vielleicht eingestehen wollen. Im Gastgewerbe, die mit jungen, hübschen Mitarbeitern glänzen will, ist dies ein altes, neues brandheißes Thema. Solange in manchen Betrieben hingenommen wird, dass der Patron den jungen Röcken ungeniert hinterhersteigt, und dieser noch als Branchenvorbild emporgehoben wird, ist das Problem nicht richtig erkannt worden.
Einmal mehr ist das HR-Management gefragt, untadeliges Verhalten auch der Führungskräfte in punkto Alkohol, Drogen und sexueller Belästigung detailliert zu beobachten. Dass der steigende Arbeitsdruck gerade bei rasch aufsteigenden Stations- und Abteilungsleitern zu psychischer Belastung und verzweifelter Suche zu manch ungewöhnlichem Ventil führt, wird erfahrenen HR-Kräften bewusst. Arbeitsrechtliche Konsequenzen müssen mit Verve verfolgt werden, um persönliche Sicherheit am Arbeitsplatz – und damit persönliche Zufriedenheit, die direkte Auswirkungen auf Arbeitgeberbewertungen hat – zu gewährleisten.
Die Bekenntnisse unter dem Hashtag #MeToo bei Twitter nehmen stark zu. Dabei wird auch diskutiert, ob eine Bemerkungen noch Flirt ist oder ob manche „Vorfälle“ nicht eher Petitessen sind. Doch die Flut an Offenlegungen legt nahe, wie schlimm das gesellschaftliche Grundproblem sein muss. Dass es selbst in namhaften Gastbetrieben bereits zu triftigen Übergriffen auf junge Mitarbeiter – sowohl weiblich als auch männlich, hetero als auch homosexuell – gekommen ist, war vielen bekannt. Trauriger Höhepunkte war ein Ereignis, bei dem ein Hoteldirektor eine weibliche Mitarbeiterin zum „Quickie“ gedrängt haben sollen, was aufflog und eine fristlose Entlassung folgte. Prahlereien wie „Sex auf der Treppe“, Oralverkehr bei der Gala in den Bankett-Toiletten oder allerlei andere „Eroberungen“ sind häufiger zu hören gewesen. Bleibt der Argwohn, ob manches Stelldichein aus purer, beidseitiger Lust an der Freude geschah, oder ein gewisser Karrieredruck zur „guten Miene zum bösen Spiel“ führte – ein Zeiten digitaler Empörung verwischen dieses Grenzen zusehend.