Mannheim, 27. Juni 2017 –
Viele Löhne und Gehälter in sogenannten tariforientierten Betrieben Deutschlands liegen um 24,6 Prozent deutlich unter der Bezahlung in tarifgebundenen Unternehmen. Zu diesem Schluss kommen Forscher des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim in ihrer aktuellen Analyse, wie der Nachrichtendienst Pressetext berichtete.
Lage schlimmer als gedacht
Unter tariforientierten Betrieben sind Unternehmen zu verstehen, die nicht in Verbänden organisiert sind und daher auch nicht formal an Tarifverträge gebunden sind, aber angeben, sich an entsprechenden Tarifverträgen zu orientieren. “Der 25-prozentige Unterschied in der Bezahlung erstaunt, da 19 Prozent dieser Betriebe angeben, besser als Tarif zu bezahlen und 77 Prozent die Bezahlung in ihren Betrieben als vergleichbar mit dem Tarif erachten”, sagt Studienleiter Stefan Berwing.
Werden laut dem Experten tarifferne Betriebe als Referenzgröße, also Betriebe, die weder an Tarife gebunden sind, noch sich daran orientieren, dann liegt der Bezahlungsunterschied mit 28,4 Prozent lediglich 3,8 Prozent darüber. “Tariforientierte Betriebe sind deshalb tariffernen Betrieben wesentlich ähnlicher als Betrieben innerhalb des Tarifsystems”, so Berwing. Es zeige sich, dass das Ausmaß der Tariferosion wesentlich stärker sei als bisher vermutet.
Dunkle Prognosen erwartet
Bisher hatten Fachleute angenommen, dass Beschäftigte in tariforientierten Betrieben zumindest indirekt von Flächentarifen profitieren. “Dies ist jedoch definitiv nicht der Fall”, stellt Berwing fest und zieht den Schluss: “Auf die Zukunft des Tarifsystems wirft dieser Befund einen dunklen Schatten. Schreibt man den Trend der letzten zehn Jahre für die nächsten zehn Jahre fort, dann zeigt sich, dass in Zukunft nicht nur weite Teile Ostdeutschlands eine Tarifödnis sind, sondern auch die westdeutsche Tariflandschaft weiter erodiert”, resümiert der Forscher.