Hamburg, 04. Januar 2018 –
Igefa-Topmanager (und Ex-Hotelier) Karsten Jeß fragte entsetzt: Kann innovative Technologie wirklich Mitarbeiter ersetzen? In der Tat sind routinehafte Hilfstätigkeiten z.B. von ungelernten Kräften durch Digitalisierung und Automatisierung ernsthaft gefährdet, auch in Hotellerie und Gastronomie. „Es sind vor allem die Jobs bedroht, die eine manuelle und/oder kognitive Routinetätigkeit beinhalten, die in einem gewissen Zyklus immer wiederkommen und in denen der Prozess klar definiert ist. So etwas können Sie durch Digitalisierung ersetzen, das ist gar keine Frage“, erläutert Prof. Jutta Rump, renommierte Arbeitsforscherin an der Hochschule Ludwigshafen. Was bedeutet dies für’s Gastgewerbe?
Rezeption / Front Office
Self-Check-in/Check-out per App wie z.B. von Conichi, Hotelbird oder der Marriott-Rewards-App ist an der Tagesordnung. Nutzen immer mehr Gäste diese Tools, fallen weniger Arbeitsstunden für Routinetätigkeiten an. Verbleibende FOler können sich auf persönliche Services für Gäste konzentrieren.
Wahrscheinlichkeit für Jobverlust: mittel bis hoch
Service
Roboter wie „Pepper“ (gibt Auskünfte) und „Boltr“ (kann leichte Servicegänge übernehmen) sollen Servicemitarbeiter entlasten. Komplexe Aufgaben im A-la-carte-Geschäft oder bei der Bestückung von Büffets können Robotiksystem bislang nicht übernehmen; dies bleibt auch bei der erforderlichen Arbeitsgeschwindigkeit und großen Anzahl an unterschiedlichsten Arbeitsschritten/Handgriffen zunächst so. Auch das zeitgerechte Eindecken der Tische bleibt vorerst noch Menschenarbeit, auch wenn es erste vielversprechende Versuche der Automatisierung gab.
Wahrscheinlichkeit für Jobverlust: gering
Küche
Die vollautomatisierte Küche des Britischen Hersteller Moley gibt es bereits; hier übernehmen Roboterarme nahezu alle Arbeitsgänge. Im Arbeitsalltag in Großküchen ist dies noch nicht möglich. Aber: Vollautomatisierte Gartechnologie wie von Rational und Miele ersetzen Vollköche schon seit Jahren; die Zahl der Hilfskräfte im GV-Business nimmt stattdessen zu. Warum müssen Bleche mit Conveniencefood von Menschenhand in Kombidämpfer eingeschoben werden? Die Teilautomatisierung der Profiküche steht unmittelbar bevor. Klassisches Anrichten und eine Vielzahl an Arbeitsgängen in anspruchsvollen Küchen (Gourmetklasse) bleiben angesichts ihrer Komplexität weiterhin Humanarbeit. Allerdings werden auch hier Automatisierungsgrade durch innovative Systeme wie „Thermomix“ erreicht.
Wahrscheinlichkeit für Jobverlust: hoch (GV), gering bis mittel (anspruchsvolle Küche)
Housekeeping
Zwar gibt es Saugroboter und Bügelmaschinen: Jedoch die viele Handgriffe erforderliche Reinigung eines Gästezimmers bleibt auch auf absehbare Zeit menschliche Arbeit. In punkto Geschwindigkeit und Wendigkeit sowie Flexibilität ist der Einsatz automatisierter Systeme im Roomkeeping bis dato nur schwer vorstellbar.
Wahrscheinlichkeit für Jobverlust: gering
Buchhaltung
Laut einem „FAZ“-Bericht ist die Entwicklung bei Daten soweit, dass knapp 90 Prozent der Rechnungen automatisch kontiert werden können. Und längst gibt es KI-Systeme zur automatisierten Rechnungsstellung. Routinetätigkeiten in der Buchhaltung werden wohl bald in der Digitalisierung durch Technologie abgelöst; ebenso wie derzeit bei Banken und Versicherungen zu beobachten ist.
Wahrscheinlichkeit für Jobverlust: hoch
Lager
Bei führenden Logistikern wie Amazon ist die Entwicklung deutlich sichtbar: Robotersysteme ersetzen Lagerkräfte. Auch in der Zustellung laufen auch in Deutschland erfolgreich Pilotprojekte, bei denen Roboter Brief- und Paketzusteller unterstützen – oder beispielsweise Lastendrohnen Schnellzustellungen übernehmen.
Wahrscheinlichkeit für Jobverlust: sehr hoch
Die vorliegende Einschätzung resultiert aus langjähriger Marktbeobachtung und tiergehender Analyse des Autors. Carsten Hennig, Jahrgang 1970, hat seine Karriere im Journalismus mit einer Schreibmaschine begonnen und widmet sich seit über 20 Jahren der Tophotellerie und Spitzengastronomie. Als Digital Evangelist und Key Note Speaker setzt er stetig zu neuen Denk- und Betrachtungsweisen in der Digitalisierung an.
Die abgebildeten Hotel Emoji stehen zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung: http://www.hottelling.net/hotel-emoji/
UNERHÖRT?!
„Rationalisierung ist ein großes Thema. Man muss schauen, dass man die immer weniger werdenden Fachkräfte durch Technik, durch Roboter ersetzen kann.“
Christian Dübner von der IHK Koblenz zum Personalmangel in der Hotellerie
https://vimeo.com/hoteliertv/hotels-konjunktur-zukunft-sorgen
Roboter lösen ab… „Betroffen sind vor allem Tätigkeiten wie Sachbearbeiter, aber auch Schlosser oder Köche.“ – Aus einem “Spiegel”-Bericht
„Geplant sei etwa eine viel engere Verknüpfung des Online-Ticketverkaufs mit Angeboten von Hotels, Mietwagen oder Event-Veranstaltern. Eurowings werde in fünf Jahren keine klassische Airline mehr sein, sagt er, sondern ein digitales Unternehmen mit angeschlossenen Flugbetrieben.“ – Bericht über Pläne von Eurowinds-Chef Thorsten Dirks
Digitalisierung bedroht Jobs… „Es sind vor allem die Jobs bedroht, die eine manuelle und/oder kognitive Routinetätigkeit beinhalten, die in einem gewissen Zyklus immer wiederkommen und in denen der Prozess klar definiert ist. So etwas können Sie durch Digitalisierung ersetzen, das ist gar keine Frage.“ – Jutta Rump, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule Ludwigshafen
„Bedenkt man, dass Roboter und künstliche Intelligenz in naher Zukunft ganze Heerscharen vor allem ungelernter Arbeiter überflüssig machen werden, kann es nur um eine Prävention gehen: nicht längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld, sondern bessere Bildungschancen und Qualifikation. Wenn die Regierungsparteien in spe weniger Langzeitarbeitslose wollen, sollten sie nicht nur darüber nachdenken, sondern beherzt zupacken.“ – Kommentar im „Straubinger Tagblatt“
„Kein Witz: In Japan gibt es bereits Hotels, die alleine von Robotern betrieben werden. Andernorts haben Roboter den Küchendienst übernommen. Hält der Fachkräftemangel an, dann sind irgendwann derartige Szenarien auch hier denkbar.“ – Christian Hübner, Tourismusreferent der IHK Koblenz