Düsseldorf, 30. Januar 2018 –
Soll ein Abkömmling im Rahmen der Unternehmensnachfolge aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden, steht ihm ein Pflichtteilsanspruch zu. Dieses Szenario sollte professionell vorbereitet werden, um Vermögensschäden zu vermeiden.
Das deutsche Erbrecht kennt einen speziellen Bereich, der vielen Menschen sehr komplex erscheint. Die Rede ist vom Pflichtteil. Aber gerade Unternehmer sollten sich mit den Details auseinandersetzen, um nicht in eine rechtlich schwierige Situation bei der Vermögensübertragung zu geraten. Denn im Rahmen der Unternehmensnachfolge können Pflichtteilsansprüche von Kindern dazu führen, dass die ursprünglich angepeilte Strategie nicht mehr haltbar ist. „Das deutsche Erbrecht regelt eindeutig, welche Personen pflichtteilsberechtigt sind. Den Pflichtteil bekommt jeder Abkömmling des Erblassers, der laut Testament von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Das gilt auch für die Eltern und den Ehegatten des Erblassers“, sagt Dr. Christopher Riedel, Rechtsanwalt in Düsseldorf und Berater für Unternehmens- und Vermögensnachfolge besonders im Mittelstand. „Nicht in allen Familien verläuft die Unternehmensnachfolge harmonisch, etwa aufgrund unterschiedlicher Lebensentwürfe in der Erbengeneration. Dann will der Unternehmer regelmäßig dafür sorgen, dass nur der gewünschte Erbe vom Unternehmen profitiert und es nicht zu Streitigkeiten und Zersplitterung in der neuen Gesellschaftergeneration kommen kann. Ein Weg dafür ist, einzelne Abkömmlinge als Nachfolger auszuwählen und andere von der Erbfolge auszuschließen.“
Das völlige „Enterben“ ist in Deutschland aber nicht ohne weiteres möglich: Solche Maßnahmen führen zwangsläufig zu Pflichtteilsansprüchen der nicht bedachten Abkömmlinge gegenüber den späteren Erben. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils und hängt von der Erbquote sowie weiteren Parametern ab. Die Höhe ist dementsprechend von Fall zu Fall unterschiedlich und muss jeweils individuell errechnet werden. Der Pflichtteil ist grundsätzlich ein Geldanspruch. „Das kann bei einer unternehmerischen Vermögensnachfolge natürlich für einen Hotelier zu einer hohen Belastung werden. Denn er muss sich fragen: Können meine Nachfolger aus dem liquiden Vermögen diese Ansprüche bedienen? Was passiert bei einem hohen Firmenwert mit dem Unternehmen? Muss es vielleicht teilweise verkauft werden, um den Pflichtteil auszahlen?“, nennt Christopher Riedel, der auch regelmäßig in der gehobenen Hotellerie berät, einige wichtige Punkte. Daher sollten Hoteliers das Thema Pflichtteil keinesfalls einfach auf sich zukommen lassen. „Es ist entscheidend, dass sie langfristig planen, wie sie mit etwaigen Pflichtteilsansprüchen umgehen wollen und können. Wenn sich andeutet, dass sie einen oder mehrere gesetzliche Erben testamentarisch ausschließen wollen, sollten sie eine Strategie dafür entwickeln. Sonst kann es zu einer erheblichen Schädigung des Vermögens kommen.“
Um dies zu verhindern, kommt es beispielsweise auf eine realistische Unternehmensbewertung an. Christopher Riedel weiß, dass die Höhe von Pflichtteilsansprüchen unter anderem vom Wert eines Unternehmens abhängen kann, was erhebliche Bewertungsunsicherheiten mit sich bringt. Dies gilt sowohl aus der Perspektive der Pflichtteilsberechtigten als auch aus der Sicht des beziehungsweise der Pflichtteilsschuldner. „Es kursieren zahlreiche Mythen über die korrekte Unternehmensbewertung. Oftmals wird angenommen, dass die Berechnungen des Finanzamts im Rahmen der Ermittlung der Schenkung- beziehungsweise Erbschaftsteuer den echten Unternehmenswert ergeben würden. Dabei sind die Ergebnisse oft viel zu hoch, sodass sie nicht als Basis für die Ermittlung des Pflichtteils dienen können“, warnt der Rechtsanwalt. Des Weiteren sei zu beachten, dass mitunter auch die unverzügliche Auszahlung des (nach dem Gesetz) sofort fälligen Pflichtteilsanspruchs wirtschaftlich kaum darstellbar ist. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber hier die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten (allerdings recht engen) Voraussetzungen die Stundung von Pflichtteilsansprüchen zu verlangen.
Solche Fallstricke bei der Unternehmensnachfolge müssten Hoteliers beachten, um nicht in ein potenzielles Krisenszenario zu geraten. Dieses kann teuer werden und die Nachfolge und den Fortbestand des Betriebs gefährden, warnt Christopher Riedel. In die rechtliche und steuerliche Strategie der Vermögensübertragung müssen daher auch Fragestellungen rund um mögliche Pflichtteilsansprüche implementiert werden. Erst das führe zu einer professionellen Planung der umfassenden Nachfolge und verhindere teure Fehlentscheidungen. „Eine Möglichkeit ist, einen Erben lebzeitig auszuzahlen und dann einen Pflichtteilsverzicht notariell beurkunden zu lassen.“